aus: Secret Love – Harry Hay im Interview mit Stuart Timmons

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[...] In dieser Welt versteckter Leidenschaften traf Harry Hay, ein politisch radikaler Amerikaner, auf den österreichischen Emigranten Rudi Gernreich. Ihr erstes Zusammentreffen an einem Sommertag im Jahr 1950 stand zugleich auch am Beginn der Mattachine Society, einer Untergrund-Gruppe, die aus heutiger Sicht der Historiker Auslöserin für die schwule Bürgerrechtsbewegung in den USA war. In dieser Welt konnte das Bekenntnis zur eigenen Homosexualität den Verlust des Arbeitsplatzes oder gar Gefängnis bedeuten; bei Einwanderern galt Homosexualität sogar als Begründung für eine Ausweisung. Einziger Ort, Beziehungen zu knüpfen – private wie politische – blieb der Untergrund. Jede homosexuelle Begegnung wurde damit zu einem Akt des Widerstandes.

Harry Hay: [...] Private und berufliche Welt sollten nichts miteinander zu tun haben. Ich sagte noch: "Die sind doch alle schwul, so wie du." Er [Gernreich] antwortete mir: "Sie sind alle schwul. Ihre Arbeitgeber und die Investoren haben keine Ahnung und dürfen das auch nicht herausfinden." Er erzählte mir, daß er von einigen Leuten gehört hatte, die aufgeflogen waren und deren Existenz völlig zerstört wurde. Diese Vorstellung erfüllte ihn mit Entsetzen und schließlich hatte ich Angst – um ihn. Das Ganze bestärkte mich in meiner Vorstellung von unserer Aufgabe. Wir mußten uns organisieren, organisieren und nochmals organisieren; und das Konzept der Minderheit stärker vermitteln. Alle anderen Minderheiten, über die ich gelesen hatte, trugen etwas zur Gesellschaft bei, das die Allgemeinheit brauchte. Ich begann zu erkennen, daß wir das genau so sehen mußten. Ich begann, auch über kreative Menschen wie Rudi nachzudenken und über das, was sie den Heteros bieten konnten, die einfach nicht dieses gewisse Etwas, diesen Funken, besaßen. Mit Sicherheit hatten sie nicht den Charme, der Rudis Entwürfe auszeichnete.

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