Layne Nielsons Beschreibung der ungewöhnlichen Gernreich-Kombinationen

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Layne Nielsons Beschreibung der ungewöhnlichen Gernreich-Kombinationen

Gernreich hatte einen Erfolg, den sich auf konventionellen Pfaden niemals hätte erreichen lassen, noch auf konventionelle Art messen ließ. Dank seiner Unkenntnis der Herstellungstechniken konnten sich seine Ideen von anderen Ausgangspunkten her als den technischen entwickeln, und weil seine Phantasie von Zwickeln und Abnähern unbelastet war, konnte er ihr freien Lauf lassen. Endlich von allen Einschränkungen befreit, öffnete er seinen Fundus an Wiener Erinnerungen vollständig und machte sich daran, die Modeindustrie auf eine atemberaubende Achterbahnfahrt mitzunehmen, voller visueller Aufregungen und einer verblüffenden Idee nach der anderen, während er beständig an der Dekonstruktion der Kleider und der Befreiung des weiblichen Körpers arbeitete. Zu einer Zeit, als Braun und Marine als sichere Modefarben galten, tauchte er seine Kollektionen in schillernde leuchtende Farben von tropischer Intensität. Vibrierende Streifen von mexikanischem Fuchsiarot und Mandarinorange packten die Aufmerksamkeit wie elektrische Schläge. Limonengrün schlug sich mit Kobaltblau, feuerrote Akzente knisterten in einem exotischen Purpurrot, ein Gelb, gleich einem durch die Wolken brechenden Sonnenstrahl, strahlte neben einem leuchtenden Pink. Es war lebendig und erfrischend und absolut NEU. Er überlagerte komplexe orientalische Muster zu wilden, das Auge verwirrenden Collagen, er verschmolz Streifen und Karos und Plaids und Punkte und Blumen und Pailletten zu scheinbar unmöglichen Kombinationen, und das mit einer solchen Meisterschaft, daß sie wie selbstverständlich wirkten. Seine energiegeladene Kreativität und sein umfassendes Interesse an Kleidung aus fremden Kulturen, gekrönt von einem kräftigen Schuß Wiener Kultiviertheit und Humor, produzierte eine unterhaltsame Abfolge von europäischen Clowns, japanischen Schulmädchen, chinesischen Kulis, Dschingis Khan-Tartaren, Bauern der Amish People, Sirenen des Russischen Ballets, Star Trekkers und Dschungeltieren. "Wie es ist, eine Modenschau von Rudi Gernreich zu besuchen?", vertraute die Moderedakteurin von "Davenport Times" ihren Lesern an, "nun, auf jeden Fall alles andere als langweilig."

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