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more Die Badeanzüge

Gernreich hatte seine Karriere als Designer von Bademode begonnen. Seine Badeanzüge beziehen die natürliche Form des Körpers in das Design mit ein und zeichnen sich durch den Verzicht auf jegliche Verstärkung und Miedereinsätze aus. Sie variieren im wesentlichen ein Grundmodell, das Gernreich aus der Herrengarderobe entlehnt: die Anzugweste. Er zitiert Elemente der klassischen Herrenmode, wie Knopfleisten, Stecktaschen und Nadelstreifmuster. Mit kleinen Veränderungen an Beinschnitt, Armlöchern, Ausschnitt, Material, Farbe, Muster und mit Details wie Knöpfen bespielt er den Körper als Oberfläche. Gernreichs Badeanzüge sollten nicht nur an Stränden und Pools getragen werden, sondern sind als eigenständige, durchaus öffentlichkeitswürdige Kleidungsstücke anzusehen. So komplettiert er die Anzüge mit hohen Stiefeln. Gernreich ging es darum, Genres in der Mode aufzulösen, Freizeitkleidung öffentlich zu machen, und formale Bekleidung bequem.

more Oben-ohne

1964 entwirft Rudi Gernreich den Monokini. Oben-ohne verstand sich als radikale Ansage gegen die Lächerlichkeit des amerikanischen Busenwunders und dessen torpedogleichen Dimensionen. Der nackte Busen seiner Mannequins hatte mit dem des Playgirls, jener Illustration der Puritan Pleasures, wenig gemein. Mit Gernreichs Monokini, kreiert nach dem Vorbild jener selbstgestrickten Kinderbadehosen der Zwischenkriegszeit in Österreich, waren Nacktheit und Moral nicht mehr so ohne weiteres gleichzusetzen, erst Kleidung legte moralisierende Verklemmtheit fest oder aber eröffnete Möglichkeiten eines entspannten Umgangs miteinander. In konsequenter Fortsetzung seiner Bademode-Kollektionen integriert Rudi Gernreich den menschlichen Körper in seine Entwürfe. Der Körper wird nicht entblößt, sondern komplettiert ein Kleidungsstück. Die Farbe der Haut, die natürlichen Umrisse werden zu Bestandteilen des Kleidungsstückes selbst. Gernreich setzte dieses Konzept in der auch kommerziell erfolgreichen Unterwäschekollektion "NO" für Exquisite Form um. Die BHs der Kollektion, der "No Bra", der "Maybe Bra" oder der "Almost Bra", sind transparent und unverstärkt.

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Total Look

Gernreich benutzte Muster - wie markante Fellzeichnungen oder grafisches Dekor -, die er unter anderem der Wiener Werkstätte entlehnte und gleichermaßen für Kleiderstoffe, Accessoires und Unterwäsche einsetzte. Gernreich war wohl der erste Modedesigner, der neben Kleidern auch Schuhe und alles andere Zubehör entwickelte. Kleidungsstücke sollten untereinander beliebig austauschbar sein, je nach Anlaß und Klima. Der Körper wird im Total Look zu einem ästhetischen Element, Kleidung zu einem gleichberechtigten Praxisfeld neben Architektur und Möbeldesign.

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"We have to take this terrible world and make fun of it with fun clothes, functional clothes" (Rudi Gernreich, in: Los Angeles Herald Examiner, 29. 9. 1966)

Schon in den frühen 50er Jahren hatte Rudi Gernreich weißes Vinyl zu einem Abendkleid verarbeiten lassen. Er versuchte, die traditionellen Grenzen der Kleiderherstellung zu durchbrechen, indem er neue Materialien heranzog. Er war nicht nur an den ästhetischen Eigenschaften von Kunststoffen, sondern auch an deren Verarbeitungsmöglichkeiten interessiert. Seine Idee, nahtlose Kleider zu produzieren, scheiterte damals noch an technischen Möglichkeiten. Gernreichs Kunststoff-Badeanzüge sollten auch im nassen Zustand weder Farbe noch Form verändern und nicht nur zum Schwimmen geeignet sein. Neben Kunststoffen wählte Rudi Gernreich mechanische Elemente wie Reißverschlüsse oder Metallfedern, um damit notwendige Nähte zu ersetzen, oder er verzichtete überhaupt darauf, die einzelnen Bestandteile eines Kleidungsstücks fix miteinander zu verbinden. Er entwarf Overalls, die sich mit losen Hosenbeinen, Ärmeln oder Röcken beliebig verändern ließen. Eines von Gernreichs Grundinteressen war, "funktionale Kleider" zu entwerfen - in ihrem Gebrauch beliebig einsetzbar und unkompliziert zu konfektionieren.

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Farben und Muster

Gernreichs Kollektionen zeichneten sich durch ungewöhnliche Farbkombinationen und grafische Muster aus, die sich deutlich von den üblichen Kleiderfarben der Zeit abhoben und so bald zu einer Trademark Gernreichs wurden. Zum einen werden daran Einflüsse der Wiener Werkstätte ersichtlich, zum anderen bezog sich Gernreich auf eine Anti-Mode, deren Signale und Botschaften er abstrahiert wiedergab: "I have used t-shirts as my starting point. Real t-shirts are worn with slogans or Mickey Mouse figures or letters. All of these deliver messages. I have abstracted these signals into symbols, conveying them by various inserts: panels, stripes or circles." (Topeka State Journal, Kansas, 23. 2. 1972) Die optische Wirkung von Farben und Mustern tritt an die Stelle jenes Effekts, der durch Abnäher, Falten, Biesen oder ähnlich Aufwendiges erzeugt wird. Über die Oberfläche eines Stoffentwurfs akzentuierte und kaschierte Gernreich genauso bestimmte Körperpartien, ohne jedoch diese Eingriffe für die Trägerin spürbar werden zu lassen. Gernreichs Kleider zeichnen sich durch ihren hohen Tragekomfort aus und es ist ihm gelungen, Casual Wear nicht nur auf Heim und Freizeit beschränkt zu lassen.

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Selbstentwürfe

Die Kollektion 1968, inspiriert von historischen Uniformen, Trachten und Kimonos, wurde von der zeitgenössischen Presse als zu historistisch, als wenig zeitgemäß kritisiert und schien so gar nicht Gernreichs Modernismus zu entsprechen. Der Designer wollte jedoch keine Verkleidungen als Instrumente der Realitätsflucht, sondern Medien zu einem beliebigen Identitätswechsel anbieten. Ein solches Repertoire aus historischen und nationalen Stilelementen ist - nach dem Verständnis von Rudi Gernreich - nur in einer freien Gesellschaft unproblematisch für einen Selbstentwurf einzusetzen.

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Unisex

Im Jänner 1970 prognostiziert Rudi Gernreich visionäre Zukunfts-Mode: Kleidung sollte nur noch funktionalen Ansprüchen genügen müssen, als Schutz vor Kälte oder Hitze. Statt uns zu sehr auf unser Aussehen zu konzentrieren, sollten wir unsere Aufmerksamkeit wirklich interessanten Themen zuwenden können: Schmuck, Kosmetik u. ä. wären dabei überflüssig. Kleidung sollte nicht als eindeutig weiblich oder männlich identifiziert werden. Frauen in Hosen und Männer in Röcken, alles darf und soll untereinander austauschbar werden. Letztlich sollte die Ästhetik des Körpers selbst die Mode miteinschließen; der Körper sollte zur modischen Konvention werden. Gernreich wird eingeladen, sein Unisex-Projekt bei der Expo `70 in Osaka umzusetzen: Ein Paar, Mann und Frau, wurde kahlrasiert. Die so neutralisierten Personen führten jeweils identische Kleider vor: Hosen mit rippenkurzen Oberteilen, Minirock, Bikini, in den typischen Gernreich-Farbstellungen pink und orange, oder eben ganz nackt, je nach Anlaß und klimatischen Notwendigkeiten.


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